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Beitrag vom 17.07.2008
My Brightest Diamond - A Thousand Shark´s Teeth
Clarissa Lempp
Shara Wordens, aka My Brightest Diamond, stellt ihr zweites musikalisches Werk vor. AVIVA-Berlin sprach mit der Musikerin über Art-Rock, ihr Opernstudium, Hasen und natürlich das neue Album.
Düstere brachiale Gitarren, eine hallend klare und durchdringende Stimme, harmonisierender Streichersatz. "Inside a Boy" gibt einen furiosen Einstieg in das zweite Album der New Yorkerin Shara Worden. Bereits mit ihrem Debüt "Bring Me The Workhorse" kam ihr Lob und Wohlwollen von KritikerInnen und Art-Folk-LiebhaberInnen zu. Mit einer für die Oper ausgebildeten Stimme entwaffnet die Musik von My Brightest Diamond durch den vielschichtigen Gesang, der sich leichtfüßig zwischen Avantgarde und der schlafwandlerischen Eindringlichkeit einer Beth Gibbons bewegt. Im April stellte sie ihr neues Album im Berliner "Privat Club" vor: "A Thousand Shark´s Teeth". Ein gefährlicher Titel.
"Der Titel kommt aus dem Song "Goodbye Forever". Es geht dabei um Momente in Beziehungen, wie Unsicherheit oder Angst, die uns davon abhalten uns an jemandem zu binden – und es geht um den Wunsch frei von diesen Barrieren zu sein, die zwischen Menschen entstehen. Sagen wir, die Liebe ist die Sonne und mit genügend Abstand verstreut sie ihr Licht auf dich und prickelt und blinkt wie tausend Haifischzähne. Es ist eine Metapher von der Kraft der Liebe und der Möglichkeit der Zerstörung."
Die Songs erzählen von "Zwischenwelten", halb Licht, halb Schatten. Inspiration sind hierfür auch andere Künstler: Der Maler Anselm Kiefer oder die FotografInnen Parke Harrison und Diane Arbus werden auf der Homepage genannt. Die Cover-Bilder im Album lassen in ein schwarz-weißes Wunderland blicken. Unumgänglich wird die Assoziation zu Carrolls "Alice im Wunderland" mit Shara Wordens Liebe zu `Bunnys´, anschaulich und unterhaltsam u.a. auf dem Weblog ihres amerikanischen Labels Asthmatic Kitty dokumentiert.
"Ich habe Hasen schon immer geliebt. Mein Großvater hatte eine Farm, auf der es viele Hasen gab, manche liefen auch wild herum. Außerdem sind es großartige Haustiere für New York."
Und auch Alice findet sich auf dem Album wieder, im psychedelisch anmutenden Percussion-Stück "Like a Sieve".
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© Foto: Julien Bourgeois |
"Es ist dieses Bild, einzutauchen in einen Pool aus Tränen. Nachdem Alice groß geworden ist und heftig geweint hat, isst oder trinkt sie etwas, das sie wieder klein macht. Sie schwimmt in diesem Pool aus ihren Tränen, mit all den kleinen Tieren. Ich begann darüber nachzudenken, wie man solch einen Pool säubern könnte, von all den schlechten Dingen im Leben, um das Wasser zu reinigen. Der Song `Like a Sieve´ basiert auf dieser Idee. Aber über all das denke ich nicht beim Schreiben der Songs nach. Das ist mehr ein unterbewusster Vorgang, ohne zu analysieren. Ich schreibe auch immer alleine, weil es eben eher in einem persönlichen Raum entsteht."Gemeinsames Musizieren ist Shara Worden aber nicht fremd. Als Mitglied von "The Illinoismakers" begleitete sie
Sufjan Stevens auf seiner Tour. Während auf dem ersten Album, recht überschaubar Earl Harvin am Schlagzeug, Chris Bruce am Bass und ihr Vater Keith am Akkordeon zur Seite standen, trumpft "A Thousand Shark´s Teeth" orchestral auf. Die Songs sind große Arrangements. Streicher, Oboen, Vibraphone, Marimbas, Drums, Harfen und E-Gitarren, die an die Industrial-Rock-Band TOOL erinnern. Über den Vergleich freut sich Worden.
"I love Tool. Ich habe sie eine Zeit lang sehr oft gehört"", sagt sie. Ihr neues Album wurde in Berlin, New York und Los Angeles aufgenommen, unter der Hand Husky Höskulds, der bereits mit Tom Waits und Elvis Costello arbeitete.
"Die Aufnahmen für `A Thousand Sharks Teeth´ begannen eigentlich 2004, also bevor das erste Album veröffentlicht war. Ich hatte das Streich-Quartett aufgenommen. Aber ich mochte etwas daran nicht. Also fing ich an, immer mehr herauszunehmen, bis ich mich dafür entschied, es neu zu machen. Unter anderem kam ich so auch nach Berlin. Mein Schlagzeuger lebt hier und wir haben im Studio von `Warren Suicide´ die Drums aufgenommen."Die ersten Aufnahmen mit Streich-Quartett erschienen als Bonus-EP "Shark Demos".
Mit dem Ablegen der Indie-Rock Attitüde von "Bring Me The Workhorse", steht Shara Worden jetzt in einer Reihe mit den
Avantgarde-Pop-Alternative-Queens, wie Kate Bush, Björk oder Coco Rosie. Um ihre Eigenständigkeit muss man sich aber nicht sorgen.
"Ich bin immer ein wenig gegen den Strom geschwommen. Als ich Operngesang studierte, war ich Inlineskaterin. Ich trug riesige Hosen und fuhr überall auf Skates hin. Aber ich konnte hart arbeiten. Das haben meine Lehrer erkannt und mich unterstützt. Unabhängigkeit ist etwas, wie eben nicht die Form zu unterschreiben. Aber ich mag auch Justin Timberlake oder Prince, richtig poppiges Zeug."My Brightest Diamond im Netz: www.mybrightestdiamond.com und auf
MySpaceAVIVA-Tipp: Wer
Joanna Newsom mag, alle
Björk Alben besitzt oder gar Josephine Foster liebt, fühlt sich bei My Brigthest Diamond bestens aufgehoben. Und auch live lässt sich Shara Worden nur wärmstens empfehlen, weil sie neben einer großartigen Musikerin auch eine talentierte und herzlich-komische Entertainerin ist.
My Brightest Diamond
A Thousand Shark`s TeethLabel: Asthmatic Kitty Records, VÖ: Juni 2008